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Karl der Große und der Königsborn

Text: Eduard Emmerich
Zeichnung: Heiner Imöhl

Vor über 1200 Jahren regierte im Frankenreich ein König mit Namen Pippin. Sein Reich reicht vom heutigen Frankreich bis nach Bayern. Pippin hatte sich schon früh in Bertrada verliebt. Sie bekamen einen Sohn und nannten ihn Karl. Da  Bertrada aber keine Prinzessin war, durfte Pippin sie nicht heiraten. Karl wuchs deshalb in den ersten Jahren alleine bei seiner Mutter auf. Es war ein ruhiges und bescheidenes Leben, dass Bertrada ihm bieten konnte. Sie hatten aber alles was sie brauchten und waren zufrieden. Karl lernte Reiten und viel über die Natur, welche Pflanzen bei Krankheiten eingesetzt werden und wie man sich von den Bäumen des Waldes ernähren konnte. Er erlernte das Schwimmen und Jagen. Karl hatte bei seiner Mutter eine glückliche Kindheit. Der König aber war sehr unglücklich. Er wollte doch seinen Sohn zu einem stolzen König erziehen. Eines Tages nahm er dann doch seine geliebte Bertrada und seinen geliebten Sohn Karl bei sich auf. Es war ihm egal geworden, ob Bertrada eine Prinzessin war oder nicht. Der König heiratete seine geliebte Bertrada und endlich waren sie eine richtige Familie. Karl bekam noch viel Geschwister, mit denen er Spielen und Lachen konnte. 

Als Karl gerade einmal  20 Jahre alt war, starb der alte König. Karl musste den Thron besteigen und von nun an als König das Land regieren. Trotz seines jungen Alters war er ein mutiger und starker König und wurde schon bald Karl der Große genannt. Um seine Regierungsgeschäfte zu erledigen, musste er ständig von Ort zu Ort reisen. Oft nahm er seine Familie mit, denn er hatte gerne so viele seiner 18 Kinder um sich wie möglich. König Karl förderte Kunst und Kultur und errichtete Schulen für das ganze Volk. Doch Krieger des germanischen Nachbarvolks der Sachsen fielen immer wieder in sein Land ein, raubten den Menschen Hab und Gut und brannten ihre Häuser nieder. König Karl war entschlossen, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Mit einem großen Heer zog er im Jahr 772 zur starken Festung Eresburg, um dort das Heiligtum der Sachsen, die Irminsul, zu zerstören und die Sachsen zu unterwerfen. Doch diese leisteten einen erbitterten Widerstand. Sie kämpften mit ganzer Kraft, um ihre Burg und ihr Heiligtum zu schützen. Die Schlacht war hart und Karl begann langsam den Glauben an einen Sieg zu verlieren.

Die Soldaten waren müde und erschöpft. Das Wetter war heiß und die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel. Zu allem Übel hatten sie auch kein Wasser mehr. Die Quellen im Umkreis des Heerlagers waren ausgetrocknet. Die Soldaten hatten großen Durst und keine Kraft mehr, um weiterzukämpfen.

In seiner Verzweiflung rief Karl zu Gott um Hilfe. Er betete zu ihm und bat um ein Zeichen, ob ein Sieg noch möglich war. Plötzlich geschah etwas Wundersames. Das Pferd auf dem Karl ritt, ein großer und kräftiger Schimmel, scharrte mit seinen Hufen auf dem Boden und eine Quelle sprudelte aus dem Boden hervor.

König Karl und seine Soldaten waren fassungslos. Sie konnten kaum glauben, was sie sahen. Die Quelle brachte soviel frisches, kühles und wohlschmeckende Wasser hervor, dass tausende Soldaten davon ihren Durst löschen konnten. Das Wasser erfrischte ihre Körper und sie spürten neue Kraft und Energie.

Karl und seine Soldaten wurden mit neuem Mut erfüllt. Sie wussten nun, dass sie den Glauben an einen Sieg nicht aufgeben durften. Am nächsten Morgen zogen sie erneut in den Kampf. Sie eroberten mit unglaublicher Tapferkeit die Eresburg, zerstörten die Irminsul und gewannen die Schlacht. Die Sachsen waren besiegt.

Karl der Große und seine Soldaten waren überwältigt von ihrem Sieg. Sie waren sich sicher, dass das Quellwunder ein göttliches Zeichen gewesen war. Das Wasser hatte ihnen nicht nur neues Leben geschenkt, sondern ihnen auch den Glauben an ihren Erfolg zurückgebracht.

Von diesem Tag an erinnerte sich Karl der Große immer wieder an das Wunder der Quelle. Er erzählte die Geschichte von der Kraft dieses Wassers und wie es ihnen geholfen hatte, die Eresburg zu erobern. Das Quellwunder wurde zu einer Legende, die die Menschen dazu antrieb, niemals den Glauben an sich selbst oder an Wunder zu verlieren.

Karl der Großen lebte noch viele Jahre und war in zahlreichen Schlachten erfolgreich.

Und die Quelle fließt bis heute am Fuße des Kalvarienberges nahe der Eresburg.